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Endet jetzt die expansive US-Geldpolitik?

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Die Reaktion auf die Sitzung der US-Notenbank Fed in der letzten Woche war deutlich: steigende Zinsen bei US-Staatsanleihen, fallende Aktienkurse, ein aufwertender US-Dollar sowie daraus resultierend fallende Preise für Gold und Rohöl. Dabei hatten die Währungshüter kaum etwas Handfestes angekündigt, schon gar keinen abrupten Schwenk ihrer nach wie vor ultra-expansiven geldpolitischen Ausrichtung.

US-Wirtschaft entwickelt sich dynamisch

Nervös machte die Märkte lediglich die Aussicht auf möglicherweise zwei erste Leitzinserhöhungen im Jahr 2023 sowie die Tatsache, dass die Mitglieder des Offenmarktausschusses offenbar über eine Reduktion der Wertpapierkaufvolumina in Höhe von derzeit 120 Mrd. US-Dollar monatlich gesprochen hatten.

Angesichts der schon seit Monaten sehr dynamischen Entwicklung der US-Wirtschaft und eines weit überdurchschnittlichen erwarteten Wachstums in diesem Jahr in Höhe von knapp 7 Prozent sollte es niemanden überraschen, dass die Notenbank langsam den Tritt auf das Bremspedal angekündigt hat. Die Marktreaktion verdeutlicht aber, wie hoch die Abhängigkeit aller wichtigen Kapitalmarktsegmente von den jahrelang extrem niedrigen Zinsen ist und wie schwierig es wird, eine geldpolitische Kehrtwende einzuleiten, ohne größere Kursturbulenzen zu verursachen.

Sensibilisierung der Anleger

Aber wenn nicht jetzt, wann sollte dann der richtige Zeitpunkt für zumindest eine verbale Sensibilisierung der Anleger sein? Offiziell wartet die Fed noch auf eine weitere Besserung der Lage am Arbeitsmarkt. Dort fehlen im Vergleich zur Vorkrise noch immer knapp 8 Millionen Jobs. Die Arbeitslosenquote lag im Mai bei 5,8 Prozent, verglichen mit etwa 3,5 Prozent am Jahresanfang 2020, obwohl die Nachfrage nach Arbeitskräften angesichts der Wachstumsperspektiven enorm ist.

Offensichtlich hakt es aber am Angebot, einerseits weil viele Menschen die teilweise noch vergleichsweise üppige staatliche Unterstützung einer möglicherweise weniger gut bezahlten Anstellung vorziehen. Zudem könnten nach der Krise andere Qualifikationen gefragt sein.

Inflation im Blick

Es ist davon auszugehen, dass nicht exakt dieselben Jobs angeboten werden, die vor der Krise besetzt waren. Auch der aus diesem Missverhältnis resultierende Lohnsteigerungsdruck lässt die Inflationserwartungen in den USA deutlicher als in der Eurozone ansteigen. Vor diesem Hintergrund tut die Fed gut daran, nicht zu lange auf eine Belebung des Arbeitsmarktes zu warten, bevor sie sich der Sicherung der Preisniveaustabilität widmet.

Einen wichtigen Hinweis zu den Inflationsperspektiven werden in dieser Woche die von der Fed besonders beachteten PCE Preisdaten für Mai geben. Sollten die ohnehin deutlich gestiegenen Erwartungen des Marktes sogar noch übertroffen werden, könnte ein erneuter Rücksetzer der zwischenzeitlich erholten Kurse drohen. Danach wird man sich langsam auf die internationale Notenbanker-Konferenz in Jackson Hole im August fokussieren, bei dem weitere Konkretisierungen der künftigen geldpolitischen Strategie erwartet werden.

 

Ein Kommentar von Carsten Mumm

Er ist Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel. Das Traditionshaus mit Sitz in Hamburg und München setzt auf qualifizierte und umfassende Beratung für vermögende Privatkunden, Unternehmer, Immobilienkunden und institutionelle Kunden.

Der obige Text/Beitrag spiegelt die Meinung des oder der jeweiligen Autoren wider. Die CASMOS Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

Bildquellen: Donner & Reuschel / Pressefoto Federal Reserve

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